Der Zweite Weltkrieg

1939-1945

8. März 1940: Jahreshauptversammlung im Lokal „Deutsches Haus“:

„Der Vereinsführer äußert sich wie folgt: Der Kriegszustand erfordert das einstweilige Ruhen der Vereinssatzungen und deren Ausführungsbestimmungen über die Dauer des Krieges. Der Krieg schaffe eigene Gesetze, die respektiert werden müssen. Der Ausschuss verpflichtet sich über die Dauer des Krieges im Amte zu bleiben. Dessen ausmarschierte Mitglieder, werden vom Vereinsführer ersetzt aus den Reihen der Mitglieder. Wahlen finden nicht statt. Rein gesellschaftliche Veranstaltungen fallen während des Krieges aus, Konzerte sollen möglichst gefordert werden. Erstgenannte Veranstaltungen sind Saalfeste, die dem Verein bestimmte Risiken, geldliche und moralische, auferlegen, z.B. Fasching, auch größere Veranstaltungen etc. Stiftungsfeiern im gewohnten Rahmen sind damit nicht gemeint. Als einer der wenigen Vereine, die ihren Chormeister [Hugo Herrmann] noch behalten dürfen, muss die Chorgemeinschaft Repräsentant des Deutsches Liedes in unserer Stadt sein. Um die Einsatzbereitschaft der Chorgemeinschaft beim Lazarettsingen, bei Paradefeiern- und Veranstaltungen etc. zu sichern, verpflichten sich die Sängerbrüder, alle Singstunden zu besuchen.“

Aus der Reutlinger Presse (9. Februar 1941)

„Das Chorkonzert der Chorgemeinschaft Liedertafel-Concordia, dass „trotz des Krieges“ geplant und damit in gewissem Sinne als Wagnis unternommen wurde, wurde in seiner Durchführung zu einem vollen Gelingen. Wenn der Vereinsführer Paul Rein am Schlusse der Veranstaltung davon sprach, dass seine Sänger entschlossen seien, ihre Pflicht zu tun, so konnte dieses Konzert zu einem Beweis dieser Pflichtauffassung werden. Der bedeutsamen Aufgabe, die in der Pflege des deutschen Liedes umschlossen liegt, ist die Chorvereinigung auch in dieser Zeit vollauf gerecht geworden.“

Jahreshauptversammlung am 28. März 1941 im Lokal „Deutsches Haus“

„Der planmäßigen Singstunde vom Freitagabend schloss sich im Lokal „Deutsches Haus“ die diesjährige, wiederum im Zeichen des Krieges stehende Hauptversammlung der Chorgemeinschaft Liedertafel-Concordia an. Nach dem Verklingen des Wahlspruches sprach der Vereinsführer Paul Rein über die Aufgabe des deutschen Sängers im Kriege. Vor allem darf die Liedpflege, eine der Pionierarbeiten unseres Kulturlebens, nicht unterbrochen werden. Kriegszeit ist immer eine Zeit gewesen, in der das deutsche Lied seine größere Bedeutung und seine stärkere Wertung erfahren hat. Aus ihm spricht die Zeit, die Verbundenheit der Heimat und der inneren Linie mit den Kämpfern. Das Lied wird zum Verkünder des Wesens der Zeit und des Verständnisses für alles große Geschehen ebenso wie für die Verpflichtung zu Opfer und Treue. Dass hierfür in der Chorgemeinschaft volles Verständnis herrscht, das beweist der eifrige Singsstundenbesuch mit durchschnittlich 70 Sängern. Zum anderen steht vor den Sängern die Aufgabe, den ausmarschierten Sangesbrüdern nach Beendigung des Krieges die Chorgemeinschaft wieder so vollwertig zu übergeben, wie sie sie verlassen und im erinnernden Gedenken behalten haben. Diese Verpflichtung, die unterstrichen wird durch unzählige Feldpostbriefe voll Erinnerungen an die Stunden der Sängerkameradschaft, zu erfüllen, wird mit allem Eifer auch in der Zukunft so wie bisher angestrebt werden […]. Auf Punkt 4 der Tagesordnung übergehend, erklärte der Vereinsführer, dass wir augenblicklich in einer Zeit stehen, wo man nicht Feste feiern soll. Aus diesem Grunde sah man davon ab, für das kommende Vereinsjahr ein Programm festzulegen, sondern entscheidet sich von Fall zu Fall und nach Bedürfnis. Auch die Ehrungen verdienter Mitglieder müssen etwas in den Hintergrund treten mit Rücksicht auf unsere Soldaten, die z. T. an der Reihe wären. Bei der ersten Gelegenheit nach dem Kriege soll dies in einem festlichen Rahmen nachgeholt werden.“

19. Juli 1942: Lokalnachrichten aus dem Lesergebiet

„Landauf landab treten in diesen Wochen die neugebildeten Kreise des Schwäbischen Sängerbundes zu ihrer ersten Tagung zusammen, am gestrigen Sonntag auch der neue Sängerkreis Reutlingen im Hotel „Post“ in Reutlingen […]. Nach den vom stellv. Kreisführer gemachten Mitteilungen zählt der Kreis Reutlingen nunmehr 48 Vereine mit 806 Sängern und 101 Sängerinnen und ist damit der größte des bisher im alten Uhlandkreis vereinigt gewesenen Kreise […]. [Nachdem er] noch verschiedenes bekanntgeben, so betreffend die Beschaffung von Noten, die Verleihung der Zelter-Plakette, diejenige von Ehrungen des Kreises, des Schwäbischen und des Deutschen Sängerbundes für die Sängerjubilare, wurde der gefallenen Sängerkameraden ehrend gedacht. Der musikalische Sachverständige Hugo Herrmann, einleitend die Grüße des Kreisleiters und stellv. Bundesführers Rauschnabel überbringend, sprach über die Aktivierung der Gesangstätigkeit unter Aufzeigung der verschiedenen Möglichkeiten (Zusammenarbeit zwischen benachbarten Chören, Frauensingen, usw.)…“

15. Januar 1945

„Bekanntlich sind ja bei dem Terrorangriff auf Reutlingen am 15. Januar 1945 unser gesamtes Inventar, vor allem sämtliche Noten vernichtet worden, so dass wir heute vor dem Nichts stehen. Es muss deshalb vor allen Dingen neues Notenmaterial beschafft werden, was ungemein schwierig ist und […] nur durch Ausleihen bei noch bis jetzt nicht zugelassenen Brudervereinen, oder durch Kauf bei solchen Vereinen, die nicht wieder gegründet werden, [möglich ist…], damit mit den Singstunden begonnen werden kann.“

Erste Singstunde: Donnerstag, den 1. August 1946 im Marchtalerhof

„Nachdem von der Militär-Regierung am 21. Mai 1946 unter No. 3490 JP/CW die Wiedergründung der Chorgemeinschaft Liedertafel-Concordia erteilt wurde, wurde auf obigen Tag (5. Juli 1946) in unser neues Lokal „Nürtingerhof“ die Gründungsversammlung einberufen, die von 72 Sängern besucht war. [Die erste Singstunde fand sodann am 1. August desselben Jahres statt.] Zu Beginn der Singstunde begrüßte Chorleiter Hugo Herrmann die erschienenen Sänger. Es waren lauter alte bekannte Gesichter. Er bat auch die Jugend zu den Singstunden mitzubringen. Es wurde dann sofort mit den Proben für das im kommenden Herbst vorgesehene Konzert begonnen.“

8. Februar 1947: Generalversammlung im „Nürtingerhof“

„Die erste ordentliche Hauptversammlung der Chorgemeinschaft nach der Wiedergründung wurde eingeleitet mit dem Chor „Hab oft im Kreise der Lieben […]. [Sodann] ergriff Chorleiter Hugo Herrmann das Wort. Er stellte fest, dass wir heute, beim Vergleich am Anfang unserer Singstundentätigkeit, schon ein schönes Stück vorwärtsgekommen sind. Die Befürchtungen, die er wegen des Singstundenbesuchs in diesem Winter gehabt habe, seien erfreulicherweise nicht eingetreten. Ja es sei heute die alte alles verbindende Kameradschaft in unseren Reihen und jeder Sänger fühle sich im Chor heimisch. Er hob die sittliche und kulturelle Bedeutung des deutschen Liedes besonders hervor, die eine starke Brücke für die Völkerverständigung und Versöhnung besonders in der heutigen Zeit sei. In seinem Rückblick streifte er nochmals die Veranstaltungen des vergangenen Jahres und zeigte die Schwierigkeiten auf, die beim Neuaufbau des Chores zu überwinden waren. Er hofft, den Chor bis zum Herbst ds. Js. wieder auf diese Höhe zu bringen, wo er bei Kriegsausbruch im Jahre 1939 gestanden hat. Aber nur durch Kameradschaft, Treue und Liebe zum deutschen Liede und wenn jeder Sänger sich verpflichtete regelmäßig die Singstunden zu besuchen sei dies möglich. Es gelte bis dahin noch manche Schwierigkeiten zu überwinden.“

Der Zweite Weltkrieg
In den Jahren des Zweiten Weltkriegs
LICO - Chor und Vokalensemble Reutlingen e. V.